In dem Artikel „Musculus quadriceps femoris“ erkläre ich dir detailliert, aus welchen Anteilen der vordere Oberschenkelmuskel besteht und an welchen Bewegungen er maßgeblich beteiligt ist. Am Ende des Artikels wartet das GRATIS PDF auf dich! 😃
Musculus quadriceps femoris – Aufbau
Der Quadriceps (auch Quadrizeps) heißt vollständig Musculus quadriceps femoris. Der Muskel liegt im Wesentlichen auf der Vorderseite des Oberschenkels. „Quadri“ bezieht sich auf „vier“. „Zeps“ („ceps“) wird von „caput“ abgeleitet und drückt den Bezug zu „Kopf“ aus. Der Name deutet also daraufhin, dass der Quadriceps aus 4 Muskelköpfen (siehe Abb. 1 & 2) besteht. Die einzelnen Muskelköpfe sind:
(1) Musculus rectus femoris („rectus“ bedeutet „gerade“)
(2) Musculus vastus medialis („vastus“ bedeutet „weit, riesig“; „medialis“ bedeutet „zur Körpermitte hin“)
(3) Musculus vastus lateralis („lateralis“ bedeutet „seitlich“ so wie „außen gelegen“)
(4) Musculus vastus intermedius („intermedius“ bedeutet „dazwischen“)
(5) Zusätzlicher Hinweis: Ligamentum patellae („Patellasehne“)
Abbildungen 1 und 2 zeigen, dass alle 4 Köpfe am Aufbau des Ligamentum patellae („Patellasehne“ → Patella = Kniescheibe, siehe Abb. 1 und Abb. 2) beteiligt sind. Die Patellasehne bildet die Ansatzsehne des Quadriceps. Als Zusatzinfo: Der Musculus quadriceps femoris wird durch den Nervus femoralis angesteuert und diese Innervation erfolgt hauptsächlich aus den Rückenmarkssegmenten L2 und L3. Von den 4 Köpfen des Quadriceps sticht der M. rectus femoris besonders hervor, weil er, anders als die anderen Muskelanteile, über 2 Gelenke zieht. Der Rectus femoris spannt sowohl über da Knie- als auch das Hüftgelenk. Die anderen Muskelköpfe wirken ausschließlich auf das Kniegelenk. Im Folgenden werden die einzelnen Muskelanteile etwas genauer beschrieben.
Musculus rectus femoris
Der Musculus rectus femoris ist spindelförmig sowie zweiseitig gefiedert und vorn am Oberschenkel als „gerader“ Muskel erkennbar. Seine Unterseite ist sehnig und glatt sowie frei verschieblich. Dadurch kann der Muskel über dem darunterliegenden Vastus intermedius gleiten und unabhängig auf das Hüftgelenk wirken. Sein Ursprung befindet sich am Darmbein (Os ilium). Betrachtet man den Ursprung des Muskels näher, so ist festzustellen, dass der Rectus femoris eigentlich aus 2 kleinen Köpfen entspringt (siehe Abb. 3), die allerdings untereinander verbunden bleiben (Palastanga & Soames, 2015; Sobotta, 2017; Waschke, Böckers & Paulsen, 2019). Diese beiden Köpfe heißen:
- Caput rectum (in Abb. 3 lila*)
- Entspringt an der Spina iliaca anterior inferior
- Caput reflexum (in Abb. 3 grün*)
- Entspringt an einemrauen Bereich unmittelbar über dem Acetabulum
* Um die Ursprünge darzustellen, musste die anatomische Abbildung modifiziert werden. Es handelt sich bei der Abbildung der “Ursprungsköpfe” um eine ungefähre Darstellung.
Die beiden oben genannten Köpfe gehen dann in eine gemeinsame Sehne über, die dann wiederum in den dicken fleischigen Anteil des Muskels fortschreitet und nach ca. 2/3 des Weges den Oberschenkel hinunter in eine dicke Ansatzsehne verläuft, die dann am oberen Rand der Kniescheibe einstrahlt (siehe Abb. 1 und Abb. 2). Von dort aus verlaufen einige Fasern weiter und verstärken das Lig. Patellae.
Musculus vastus lateralis
Der Musculus vastus lateralis liegt auf der Oberschenkelvorderseite außen neben dem Rectus femoris (siehe Abb. 1 und Abb. 2). Der Muskel hat einen relativ ausgedehnten Ursprung am Oberschenkelknochen (siehe Abb. 4 und Abb. 5). Im Wesentlichen handelt es sich bei seinem Ursprung um eine Aponeurose (eine flächenhafte Sehne). Des Weiteren entspringt er an der Fascia lata und am Septum intermusculare laterale (breite Bindegewebsfläche am äußeren Oberschenkel). Seine Ansatzsehne strahlt in folgende Bereiche ein (Palastanga & Soames, 2015):
- Sehne rectus femoris
- Basis und Seitenrand der Patella
- Einige Fasern setzen sich mit in den Iliotibialtrakt fort
- Der Sehnenansatz im Kniegelenksbereich ersetzt in dem Areal der Tuberositas tibiae weitgehend die Kniegelenkkapsel
Vastus medialis
Zur Innenseite hin orientiert liegt der M. vastus medialis neben dem Rectus femoris (siehe Abb. 1 und Abb. 2). Der Muskelbauch befindet sich eher im unteren Drittel direkt über der Kniescheibe. Auch der Vastus medialis hat einen ausgedehnten Ursprung am Oberschenkelknochen. Der Ursprung betrifft einen großen Teil der inneren Fläche des Oberschenkelknochens. Darüber hinaus entspringt der M. vastus medialis am Septum intermusculare mediale (breite Bindegewebsfläche am inneren Oberschenkel) und an der Faszie des M. adductor magnus (Palastanga & Soames, 2015). Wie in Abb. 6 angedeutet verlaufen die oberen Muskelfasern des Muskels eher senkrecht nach unten, während der Faserverlauf im unteren Bereich mehr seitwärts orientiert ist. Der Vastus medialis zieht in die Sehne des Rectus femoris sowie den Innenrand der Patella und die Vorderseite des inneren Tibia kondylus (innerer Vorsprung des Schienbeins im Kniegelenksbereich) ein. In einigen Bereichen ersetzen manche Ausläufer des Vastus medialis auch Teile der Kniegelenkskapsel und verschmelzen auch u. a. mit der tiefen Faszie.
Vastus intermedius
Der Vastus intermedius (siehe Abb. 8) befindet sich unter dem M. rectus femoris. Sein Ursprung liegt in den oberen 2/3 der Vorder- und Außenfläche des Oberschenkelknochens. In seinem Verlauf in Richtung Kniescheibe entsteht an seiner Oberfläche eine breite Sehne. Diese Sehne strahlt von unten in die Sehne des Rectus femoris sowie in den Vastus lateralis und den Vastus medialis mit ein. Vom Lateralis und vom medialis lässt sich die Muskel-Sehnen-Einheit des Intermedius im weiteren Verlauf zum Knie nur schwierig abgrenzen. Auch im unteren Drittel des vorderen Femurs entspringt ein Muskel, der, so hat es den Anschein, zumindest im proximalen Bereich (näher zum Körperzentrum, siehe Abb. 9) nicht wirklich getrennt vom Intermedius vorliegt. Daher kann der M. articularis genus („Kniegelenkmuskel“; siehe Abb. 9) als eine Art Verlängerung des Vastus intermedius angesehen werden (Grob et al., 2017, vgl. Palastanga & Soames, 2015).
Es scheint so zu sein, dass einige Fasern des Kniegelenkmuskels in den oberen Anteil eines Schleimbeutels zwischen Oberschenkelknochen und Sehne des Quadrizeps (Bursa suprapatellaris) einstrahlen. Es wird angenommen, dass der Kniegelenkmuskel eine Straffung des Schleimbeutels bei Kniestreckung ermöglicht und somit eine Einklemmung der Gelenkkapsel verhindert, womit die normale Beweglichkeit des Kniegelenks nicht beeinträchtigt wird (Grob et al., 2017, vgl. Palastanga & Soames, 2015).
Musculus quadriceps femoris – Funktionen
Der M. quadriceps femoris ist insgesamt der wichtigste Kniestecker, fungiert aber, durch den Rectus femoris, auch als Hüftbeuger.
Funktionelle Aktivität des Musculus quadriceps femoris
Der Musculus quadriceps femoris ist ein kräftiger und wichtiger Muskel. Er wird im Alltag, aber natürlich auch während sportlicher Belastung, oft im Rahmen eines großen, wenn nicht sogar seines gesamten, Bewegungsumfangs mitunter stark beansprucht. Insbesondere das Treppensteigen und/oder tiefe Kniebeugen bzw. das Aufrichten aus einer Hockstellung sind hierbei zu nennen. Darüber hinaus kommt möglicherweise jedem Muskelanteil bei verschiedenen Bewegungsphasen eine spezifische Rolle zu. Wird das Knie endgradig gestreckt scheint besonders der Vastus medialis aktiv zu werden. Dadurch wirkt der Muskel einer nach außen gerichteten Verschiebung der Kniescheibe entgegen. Eine Kombination aus Kniestreckung und Hüftbeugung, wie z. B. beim Anheben des gestreckten Beins, lässt den Rectus femoris stark anspannen. Der Rectus wird auch beim Gehen/Laufen, insbesondere bei der Schwungphase (das Bein wird nach vorne geführt → Hüftbeugung, bei gleichzeitiger Kniestreckung), angestrengt (Palastanga & Soames, 2015).
Das Kniegelenk ist im normalen Stand i. d. R. verriegelt, aus diesem Grund wird der Quadriceps in dieser Position meistens nur gering aktiv. Bei instabilem Untergrund, wie auf einer beweglichen Plattform (z. B. Skateboard), bleibt der Quadriceps aktiv. Zusammen mit anderen Muskeln hilft der Quadriceps in solchen Situationen oder auch im Einbeinstand das Kniegelenk zu stabilisieren (Palastanga & Soames, 2015).
Und hier gibts den Artikel als PDF zum kostenlosen Download: Quadriceps Aufbau und Funktionen
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Literatur zu Musculus quadriceps femoris
- Grob, K., Gilbey, H., Manestar, M., Ackland, T., & Kuster, M. S. (2017). The anatomy of the articularis genus muscle and its relation to the extensor apparatus of the knee. JBJS Open Access, 2(4).
- Palastanga, N., & Soames, R. (2015). Anatomie und menschliche Bewegung: Strukturen und Funktionen. Elsevier, Urban & Fischer Verlag.
- Sobotta, J. (2017). Sobotta, Atlas der Anatomie Band 1: Allgemeine Anatomie und Bewegungsapparat. Deutschland: Urban & Fischer in Elsevier.
- Waschke, J., Böckers, T. M., & Paulsen, F. (Eds.). (2019). Sobotta Lehrbuch Anatomie. Elsevier Health Sciences.
Wenn im Text die Quelle zu den Informationen nicht separat angegeben ist, dann sind die Erkenntnisse in allen o. g. Quellen 2 – 4 zu finden.
Die anatomischen Begriffe bzw. die nicht fachspezifischen Vorsilben sind aus Sobotta (2017).
Die anatomischen Abbildungen wurden mit Anatomy Learning erstellt. https://anatomylearning.com/