Hypertrophie Training - Hintergründe
Hypertrophie Training – Der vorliegende Blogartikel ist eine Zusammenfassung des Originalartikels ‘Resistance training variables for optimization of muscle hypertrophy: An umbrella review’ von Bernárdez-Vázquez et al. (2022).1 Inhalte die nicht aus dem Review stammen, sondern persönliche Empfehlungen darstellen, sind entsprechend gekennzeichnet.
Hinweis: Was ist ein Umbrella Review?
Ein Umbrella Review ist eine Übersichtsarbeit, die sogenannte Systematic Reviews und Meta-Analysen zu einem bestimmten Forschungsthema zusammenfasst.
- Systematic Review: Das ist eine systematische Übersichtsarbeit, die bereits vorhandene Studien zu einem spezifischen Thema analysiert und bewertet. Sie fasst die Ergebnisse mehrerer Einzelstudien zusammen und bietet eine umfassende Übersicht über den aktuellen Wissensstand.
- Meta-Analyse: Diese statistische Methode kombiniert die Ergebnisse mehrerer Studien, um eine genauere Schätzung des Effekts einer Intervention oder eines Behandlungsansatzes zu erhalten. Meta-Analysen können die Stärke der Evidenz erhöhen, indem sie eine größere Stichprobengröße verwenden.
In einem Umbrella Review werden diese beiden Ansätze kombiniert, um eine umfassende Zusammenfassung der vorhandenen Evidenz zu bieten.
Hypertrophie, also die Zunahme der Muskeldicke, kann durch gezieltes Training erreicht werden kann. Es gibt zwei Hauptfaktoren, die zu einer Zunahme der Muskelgröße führen:
- Die sarkoplasmatische Hypertrophie, bei der die Speicherung von Muskelglykogen erhöht wird. Einfach gesagt: größere Kohlenhydratspeicher in der Muskulatur.
- Die myofibrilläre Hypertrophie, die eine Zunahme der Größe und Anzahl der Myofibrillen zur Folge hat. Hinweis: Eine Muskelfaser besteht aus vielen Myofibrillen. Eine Myofibrille besteht aus vielen Sarkomeren. Ein Sarkomer besteht aus Proteinen, wie z. B. Aktin und Myosin.
Widerstandstraining gilt als effektivste Methode zur Steigerung der Muskelmasse. Das Widerstandstraining basiert auf drei Schlüsselvariablen:
- Mechanischer Stress
- Muskelschäden
- Metabolischer Stress (bezieht sich auf den Stoffwechsel)
Ein Training das darauf abzielt die Muskeldicke zu vergrößern kann für viele Peronen nützlich sein, denn eine Zunahme der Muskelmasse kann sowohl positive Auswirkungen auf die sportliche Leistung als auch auf die Gesundheit haben. Größere Muskeln sind in der Regel stärker. Eine größere Querschnittsfläche kann auch positive Auswirkungen auf die Geschwindigkeit der Kraftentwicklung und die Leistung bei sportlichen Aktionen wie Sprinten, Springen und Richtungswechseln haben. Aus gesundheitlicher Sicht kann die Muskelmasse eine wichtige Rolle bei alltäglichen Aktivitäten wie der Fortbewegung spielen. Ein erniedrigte Muskelmasse kann das Risiko für verschiedene Krankheiten erhöhen. Widerstandstraining und die damit verbundenen Anpassungen der Muskeldicke können also gesundheitliche Vorteile, wie z. B. eine verbesserte Glukosetoleranz und eine gesteigerte Insulinsensitivität, mit sich bringen.
Ziel der Untersuchung zum Hypertrophie Training
Typischerweise zeichnet sich ein auf Hypertrophie ausgerichtetes Widerstandstraining durch eine moderate Belastung, ein hohes Gesamtvolumen und kurze Ruhezeiten aus. Muskelhypertrophie kann im Krafttraining aber durch unterschiedliche Herangehensweisen erreicht werden. Es gibt zwar praktische Empfehlungen und etablierte Richtlinien, aber keinen fest etablierten Konsens darüber, wie die Variablen des Widerstandstrainings optimal manipuliert werden sollten, um das Muskelwachstum zu maximieren. Daher ist ein umfassender Überblick zu diesem Thema notwendig. Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um ein „Umbrella Review“. Dieser Ansatz bietet die Möglichkeit, die Ergebnisse verschiedener wissenschaftlicher Übersichtsarbeiten zu vergleichen und zu diskutieren. Das Ziel dieser Arbeit war es, die neuesten und besten wissenschaftlichen Studien zu untersuchen, die zeigen, wie verschiedene Arten von Widerstandstraining das Muskelwachstum beeinflussen. Außerdem sollten dementsprechend praktische Handlungsempfehlungen für die Planung von Krafttrainingseinheiten herausgearbeitet werden.
Ergebnisse und praktische Handlungsempfehlung
Basierend auf 14 Meta-Analysen und ihren 178 Primärstudien konnte geschlussfolgert werden, dass Faktoren wie Trainingsvolumen, Trainingshäufigkeit, Trainingsintensität, Art der Muskelkontraktion, Wiederholungsdauer, also Zeit unter Spannung und „Blood-Flow-Restriction“ das Muskelwachstum bei gesunden Personen beeinflussen können. Es scheint, dass andere Aspekte wie die Reihenfolge der Übungen, die Tageszeit und die Art der Periodisierung keinen direkten Einfluss auf das Muskelwachstum haben. Um ihre genaue Rolle bei der Stimulierung des Muskelwachstums zu verstehen, sind weitere Untersuchungen erforderlich.
Sätze im Hypertrophie Training
Das Trainingsvolumen, das oft als die Gesamtmenge an Arbeit definiert wird, die während des Trainings ausgeführt wird (z. B. Sätze x Wiederholungen), spielt offenbar eine große Rolle beim Muskelwachstum. Es wird allgemein angenommen, dass ein hohes Trainingsvolumen zu größeren Zuwächsen in der Muskelmasse führt. Allerdings ist es noch unklar, ob es eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung für dieses Merkmal gibt und ob es einen Punkt gibt, ab dem eine Erhöhung des Volumens nicht zu weiteren Zuwächsen in der Muskelhypertrophie führt.
Bei der Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Trainingsvolumen und Muskelwachstum haben Krieger (2010) deutliche Unterschiede festgestellt, wenn 2-3 Sätze pro Übung im Vergleich zu nur 1 Satz durchgeführt wurden. Es zeigte sich, dass mehr Sätze zu einem größeren Muskelwachstum führten (zu 40 %). Interessanterweise gab es jedoch keine bemerkenswerten Unterschiede im Muskelwachstum, wenn man 2-3 Sätze mit 4-6 Sätzen pro Übung verglich. Das bedeutet, dass das Hinzufügen von noch mehr Sätzen über 3 hinaus nicht unbedingt zu einem weiteren Muskelwachstum führt.Das hierbei keine Unterschiede festgestellt werden konnten, könnte auf die theoretische Zunahme der Proteinsynthese mit zunehmendem Volumen bis zu einem Punkt zurückzuführen sein, ab dem diese Produktion stabil bleibt und somit größere Zuwächse in der Muskelmasse begrenzt.
In einer Untersuchung von Schoenfeld et al. (2017) konnte beobachtet werden, dass es eine stufenweise Beziehung zwischen dem wöchentlichen Trainingsvolumen und dem Muskelwachstum gibt. Mit anderen Worten je höher das Volumen, desto größer das Muskelwachstum. Aber es scheint eine Grenze zu geben. Dieser Umstand wird als “abgestufte Dosis-Wirkungs-Beziehung” bezeichnet. Es scheint ähnlich wie bei Medikamenten, bei denen eine höhere Dosis zu einer stärkeren Wirkung führt, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Danach hat eine noch höhere Dosis keine zusätzliche Wirkung mehr.
Trainingsprogramme mit einem wöchentlichen Volumen von weniger als 4 Sätzen pro Muskelgruppe könnte ausreichen, um signifikante Zuwächse in der Muskelhypertrophie zu erzielen. Um das Muskelwachstum allerdings zu maximieren scheinen mindestens 10 wöchentliche Sätze pro Muskelgruppe notwendig. Daraus wird die Annahme abgeleitet, dass die wiederholte Anwendung von Hochvolumenreizen die anabolen Reaktionen, wie eine höhere Proteinsynthese, aufgrund des größeren metabolischen Stresses maximiert.
Diese in dieser Übersichtsarbeit enthaltenen Meta-Analysen zeigten einige Einschränkungen – die Autoren heben die geringe Anzahl von Studien hervor, die 4-6 Sätze pro Übung als Trainingsvariable enthielten, sowie die Verwendung von indirekten Messmethoden (z.B. BodPod) zur Beurteilung der Muskelgewinne in einigen der eingeschlossenen Studien.
Praktische Handlungsempfehlung
- 2 bis 3 Sätze pro Übung
- Je nach Leistungsstand mindestens 4 bis 10 Sätze pro Muskelgruppe pro Woche
Trainingshäufigkeit im Hypertrophie Training
Die Trainingshäufigkeit, also wie oft ein spezifischer Muskel oder eine Muskelgruppe in einer bestimmten Zeit, meist pro Woche, trainiert wird, kann eine wichtige Rolle beim Muskelaufbau spielen. Der Einfluss der Trainingshäufigkeit auf das Trainingsvolumen liegt auf der Hand. Einfach gesagt: Je öfter ich eine Muskelgruppe pro Woche trainiere, desto größer kann auch das wöchentliche Volumen.
- Beispiel von mir: Ich trainiere Montag und Donnerstag ein Ganzkörpertraining mit jeweils 4 Sätzen für die Brustmuskulatur (8 Sätze pro Woche). Jetzt entscheide ich mich dazu die Trainingshäufigkeit zu erhöhen, in dem ich Montag, Mittwoch und Freitag das gleiche Training mit jeweils 4 Sätzen für die Brustmuskulatur absolviere (12 Sätze pro Woche).
Es kann also eine nützliche Strategie sein die Trainingshäufigkeit anzupassen, um das Gesamttrainingsvolumen zu steuern. Auf der anderen Seite kann die Trainingshäufigkeit auch reduziert werden, um bei gegebenen Volumen mit einer höheren Intensität zu trainieren und gleichzeitig die Erholung zwischen den Trainingseinheiten zu optimieren. Denn es scheint, dass die Kombination von hoher Trainingshäufigkeit und hoher Intensität zu einem schnellen Leistungsabfall und einem erhöhten Risiko für Übertraining führen kann. Daher kann eine Periodisierung der Frequenz und/oder regelmäßige Phasen mit niedriger Frequenz helfen, die Hypertrophie-Reaktionen zu maximieren und das Potenzial für Übertraining zu reduzieren.
Praktische Handlungsempfehlung
- Du kannst die Trainingshäufigkeit als Werkzeug verwenden, um das gesamte wöchentliche Trainingsvolumen zu verändern.
- Indem du öfter trainierst, kannst du das Gesamtvolumen deines Trainings erhöhen, was wiederum das Muskelwachstum fördern kann.
- Die Periodisierung der Häufigkeit und/oder regelmäßige Phasen mit einer reduzierten Trainingshäufigkeit pro Woche könnten dabei aber helfen das Potenzial für Übertraining zu reduzieren.
Intensität im Hypertrophie Training
Die Intensität im Krafttraining, gemessen als Prozentsatz des 1-Repetitionsmaximums (1RM), beeinflusst maßgeblich die Hypertrophieantwort des Muskels. Dabei wird jeder Prozentsatz des 1RM mit einer bestimmten Anzahl maximaler Wiederholungen in Verbindung gebracht. Traditionell werden die folgenden Intensitätsbereiche unterteilt:
- Niedrig (<30% 1RM): Mehr als 20 Wiederholungen
- Moderat (30–70% 1RM): 11–20 Wiederholungen
- Hoch (>70% 1RM): Weniger als 11 Wiederholungen
Jeder Prozentsatz des 1RM ist mit einem anderen Energiesystem und Ermüdungsgrad verbunden, was den Umfang der hypertrophen Reaktion beeinflussen kann. Traditionell galt das Training mit hohen Lasten und einer moderaten Anzahl von Wiederholungen (z. B. 80% 1RM, 8 bis 10 Wiederholungen) als Schlüsselstrategie zur Optimierung des Muskelaufbaus. Dies basiert auf der Annahme der Existenz einer Intensitätsschwelle, ab der der Anstieg des metabolischen Stress die hypertrophe Reaktion verbessert und die Rekrutierung von hochschwelligen Motorneuronen ermöglicht, was im hohen Wiederholungsbereich nicht möglich scheint. Es mangelt jedoch an objektiven Beweisen für das Gleichgewicht zwischen externer Last, metabolischem Stress und Hypertrophieantwort.
Schoenfeld et al. (2016a) führten eine Metaanalyse durch, um die Auswirkungen des Trainings mit niedriger vs. hoher Last auf die muskuläre Hypertrophie nach dem Training zu vergleichen. Sie stellten fest, dass Widerstandstraining mit Lasten <60% 1RM bei untrainierten Personen ähnliche Hypertrophieniveaus ermöglichen wie hohe Lasten (>65% 1RM). Schoenfeld et al. (2016) haben allerdings einen nicht signifikanten Trend zu größerer Hypertrophie bei Verwendung hoher Lasten beobachtetet, was die etablierten Richtlinien für das Hypertrophietraining (Lasten >65% 1RM) unterstützen würde. Zu beachten ist allerdings, dass sich diese Metaanalyse auf untrainierte Teilnehmer beschränkt hat. Außerdem könnten die Untersuchungsdauer, die Art der verwendeten Übungen, die Ruheintervalle und die Trainingshäufigkeit auch weitere Einflussfaktoren sein. In einer zweiten Metaanalyse beobachteten Schoenfeld et al. (2017b) ähnliche Hypertrophieveränderungen nach Verwendung hoher oder niedriger Lasten, wenn Muskelversagen erreicht wurde. Im Gegensatz zur vorherigen Metaanalyse wurde in dieser Studie kein Trend zur Verwendung hoher Lasten festgestellt.
In einer weiteren Untersuchung hat Grgic (2020) auch niedrige und hohe Trainingslasten verglichen. Die Ergebnisse zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen niedrigen und hohen Lasten, wenn das Training bis zum Muskelversagen durchgeführt wurde. Sowohl Typ-I- als auch Typ-II-Muskelzellen reagierten ähnlich auf beide Lastbereiche. Allerdings sind die Vertrauensintervalle der Studie sehr breit, daher sind weitere Forschungen zu diesem Thema dringend erforderlich.
Praktische Handlungsempfehlung
- Variationen der Intensität können sinnvoll sein (<60% RM, >60% 1RM)
- Höhere Intensitäten (>60% 1RM) könnten eventuell mehr Potenzial für eine optimierte Hypertrophie bieten.
- Egal welche Intensität, zumindest die Nähe zum Muskelversagen könnte wichtig sein, um Hypertrophie zu maximieren.
Art der Kontraktion und Zeit unter Spannung im Hypertrophie Training
Traditionell wurde angenommen, dass exzentrische Kontraktionen im Vergleich zu konzentrischen Kontraktionen größeres Potenzial für Hypertrophie haben. Dies basiert auf der Annahme, dass der mechanische Stress, der auf die exzentrisch kontrahierten Muskeln ausgeübt wird, eher Gene aktiviert, die für das zelluläre Wachstum verantwortlich sind. Einige Autoren nehmen auch an, dass die durch die exzentrischen Kontraktionen hervorgerufenen „Muskelschaden“, zu einer schneller einsetzende Proteinsynthese führen und insgesamt eine größere Wirkung auf anabole Signalwege haben.
Studien zeigen, dass exzentrisches Training, hauptsächlich aufgrund der höheren absoluten Belastung, effektiver sein kann als konzentrisches Training, Dennoch kann konzentrisches Training allein ebenfalls zu Muskelmassezuwachs führen. Eine Metaanalyse bestätigt zwar den Vorteil von exzentrischen Kontraktionen für die Hypertrophie, jedoch scheint dieser Vorteil relativ gering zu sein (exzentrisches Training 10% vs. konzentrisches 6,8%).
Es ist sinnvoll, beide Kontraktionstypen zu kombinieren, um die Hypertrophieantwort zu optimieren. Schließlich führt exzentrisches Training möglicherweise zu größerer Hypertrophie der Typ-II-Fasern als konzentrisches Training. Dies könnte daran liegen, dass exzentrische Kontraktionen bevorzugt hochschwellige Motorneuronen rekrutieren, die mehr Typ-II-Fasern enthalten.
Beim Krafttraining kann die Zeit unter Spannung, also die Dauer einer Wiederholung, in der Regel bei Lasten unter 80–85% 1RM angemessen gesteuert werden. Eine langsamere Wiederholungsgeschwindigkeit erhöht die mechanische Spannung im Muskel. Daraus resultiert die Annahme, dass durch eine langsamere Wiederholung die Hypertrophieantwort gesteigert werden kann. Die Untersuchungen zeigen, dass eine Zeit unter Spannung zwischen 0,5 bis 8 Sekunden (bis zum konzentrischen Muskelversagen) zu ähnlichen Zuwächsen der Muskelmasse führen. Sehr langsame Wiederholungen (ca. 10 Sekunden pro Wiederholung) scheinen jedoch aus „Muskelaufbau-Sicht“ weniger effektiv zu sein. Es wird vermutet, dass es eine Geschwindigkeitsschwelle gibt, unterhalb derer die Hypertrophieantwort beeinträchtigt ist. Dennoch kann eine Variation der Zeit unter Spannung genutzt werden, um die Trainingsbemühungen zu unterstützen. Hierbei sollten allerdings sehr langsame Wiederholungen (>10 s) vermieden werden.
Praktische Handlungsempfehlung
- Es kann sinnvoll sein, konzentrische und exzentrische Kontraktionen zu kombinieren, um die Hypertrophieantwort zu optimieren.
- Exzentrische Kontraktionen bieten allerdings möglicherweise einige zusätzliche Vorteile im Vergleich zu konzentrischen.
- Es kann also sinnvoll sein das Wiederholungstempo von Zeit zu Zeit zu variieren, wenn es um Hypertrophie geht. Folgende Handlungsempfehlung von mir:
- z. B. 1-0-1-0 (1 Sekunde herunterlassen, unten keine Pause, 1 Sekunde hochdrücken, oben keine Pause) oder 2-1-1-0
Übungsreihenfolge im Hypertrophie Training
Multi-Gelenk-Übungen erfordern eher mehr Stabilisierung von Gelenken und aktivieren zahlreiche Muskeln. Allerdings erhalten Muskeln, die über zwei Gelenke verlaufen bei Multi-Gelenk-Übungen möglicherweise keine ausreichende Stimulation für Muskelwachstum, da sie während der Ausführung eine relativ konstante Länge beibehalten. Daher sind Einzel-Gelenk-Übungen vermutlich notwendig, um eine größere mechanische Spannung und eine höhere Aktivität in bestimmten Muskeln zu erreichen.
Eine entsprechende Übungsreiehnfolge könnte entscheidend sein, um Muskelmasse optimal aufzubauen. Die Untersuchungen zur Übungsreihenfolge ergaben ähnliche Ergebnisse bzgl. Hypertrophie, unabhängig davon, ob zuerst Einzel-Gelenk-Übungen oder Multi-Gelenk-Übungen durchgeführt wurden. Dennoch sollte dieses Ergebnis mit Vorsicht betrachtet werden. In einigen Studien wurden Muskeln gemessen, die nicht direkt im Fokus der Untersuchung standen. Studien mit indirekten Messmethoden zeigten ebenfalls keine signifikanten Unterschiede, jedoch sind diese Methoden weniger empfindlich für kleinere Hypertrophie-Veränderungen. Klare Richtlinien zur Übungsreihenfolge gibt es derzeit nicht. Weitere Forschung ist notwendig, um verschiedene Übungsreihenfolgen zu analysieren, insbesondere bei Übungen, bei denen der gleiche Zielmuskel sowohl als Hauptagonist als auch als Synergist agiert. Zudem sollten empfindlichere direkte Messmethoden an spezifischen Muskelregionen verwendet werden.
Praktische Handlungsempfehlung
- Derzeit scheint die Datenlage nicht auszureichen, um einen klaren Konsens darzustellen.
- Persönliche Vorlieben und spezifische Ziele sollten berücksichtigt werden.
- Persönliche Anmerkung von mir: Zwar scheint die aktuell Datenlage nicht auszureichen, allerdings kann man sich, bis es soweit ist, beim Hypertrophie Trainings sicherlich auch gut an die gängigen Empfehlungen zur Übungsreihenfolge halten (z. B. Hoffman, 2012):
- Multi-Gelenk vor Isolationsübungen als generelle Empfehlung.
- Als Methode zu Vorerschöpfung von Zeit zur Zeit auch Isolationsübungen vor Multi-Gelenk-Übungen absolvieren, um bestimme Muskeln gezielt vor dem Einsatz einer Multi-Gelen-Übung zu ermüden.
Periodisierung im Hypertrophie Training
Die Periodisierung ist ein systematischer Prozess, bei dem Trainingsinterventionen in einer bestimmten Reihenfolge verändert werden, um zur richtigen Zeit die Spitzenleistung zu erreichen. Im Bereich des Krafttrainings sind zwei der am häufigsten verwendeten Periodisierungsmodelle das lineare Periodisierungsmodell und das nicht-lineare bzw. wellenförmige Modell, welches flexibler und individueller gestaltbar ist. Bei gleichem Trainingsvolumen scheint es keine signifikanten Unterschiede zwischen diesen Periodisierungsmodellen zu geben. Dennoch kann nicht garantiert werden, dass dies auch für andere Formen der Periodisierung gilt. Selbst bei trainierten Personen, die tendenziell eine abgeschwächte Reaktion auf das Training zeigen, wurden signifikante Verbesserungen Steigerungen der Muskelamsse beobachtet, ohne ein spezifisches Periodisierungsmodell anzuwenden, sondern einfach durch eine angemessene progressive Überlastung. Dies wirft die Frage auf, ob Periodisierungsmodelle im Widerstandstraining mit dem Ziel der Hypertrophie überhaupt notwendig sind oder ob es nicht einfach ausreicht die Muskulatur mit der Zeit angemessen zu überlasten. Bei der Festlegung eines Periodisierungsmodells kann auch der motivationale Faktor berücksichtigt werden, um die Trainingsdisziplin sicherzustellen.
Praktische Handlungsempfehlung
- Bei der Wahl des Periodisierungsmodells sollten individuelle Vorlieben berücksichtigt werden.
- Möglicherweise sind das Trainingsvolumen und die progressive Überlastung die Faktoren, auf die man sich dabei konzentrieren sollte.
Blood-Flow-Restriction im Hypertrophie Training
Blood-Flow-Restriction (BFR) ist eine Methode im Krafttraining, bei der der Blutfluss zu einem Muskel, durch Anwendung eines äußeren Einschnürungsgeräts ähnlich wie einer Blutdruckmanschette, verringert wird. Dadurch entsteht eine mechanische Kompression der darunterliegenden Blutgefäße. Die Kombination von BFR mit niedrig intensivem dynamischem Training kann effektiv sein, um Hypertrophie zu fördern. Interessanterweise zeigt sich, dass BFR selbst in Kombination mit niedrigen Gewichten (<50 % 1RM) ähnliche Zuwächse der Muskelmasse bewirken kann wie intensives Krafttraining ohne BFR (>65 % 1RM). Insgesamt verdeutlicht dies, dass BFR eine vielversprechende Methode sein kann, um Muskelwachstum zu unterstützen, unabhängig von der Intensität des Trainings oder der verwendeten Gewichte. Zukünftige Forschung wollte BFR weiter untersuchen.
Praktische Handlungsempfehlung
Blood-Flow-Restriction scheint in folgenden Fällen angemessen zu sein:
- Bei erfahrenen Personen, die bereits umfangreiche Trainingserfahrung haben.
- Bei Personen, die aufgrund von Verletzungen keine schweren Gewichte verwenden können, wie zum Beispiel Sportler mit Verletzungen.
Referenz zum Originalartikel zum Blogartikel "Hypertrophie Training"
1 Bernárdez-Vázquez, R., Raya-González, J., Castillo, D., & Beato, M. (2022). Resistance training variables for optimization of muscle hypertrophy: An umbrella review. Frontiers in sports and active living, 4, 949021.
Weitere Referenzen aus der Originalquelle, die im Text genannt wurden
Grgic, J. (2020). The effects of low-load vs. high-load resistance training on muscle fiber hypertrophy: a meta-analysis. J. Hum. Kinet. 74, 51–58. doi: 10.2478/hukin-2020-0013
Krieger, J. W. (2010). Single vs. multiple sets of resistance exercise for muscle hypertrophy: a meta-analysis. J. Strength Cond. Res. 24, 1150–1159. doi: 10.1519/JSC.0b013e3181d4d436
Schoenfeld, B. J.,Wilson, J.M., Lowery, R. P., and Krieger, J.W. (2016). Muscular adaptations in low- versus high-load resistance training: A meta-analysis. Eur. J. Sport Sci. 16, 1–10. doi: 10.1080/17461391.2014.989922
Schoenfeld, B. J., Ogborn, D., and Krieger, J. W. (2017a). Dose-response relationship between weekly resistance training volume and increases in muscle mass: a systematic review and meta-analysis. J. Sports Sci. 35, 1073–1082. doi:10.1080/02640414.2016.1210197
Schoenfeld, B. J., Grgic, J., Ogborn, D., and Krieger, J. W. (2017b). Strength and hypertrophy adaptations between low- vs. high-load resistance training: a systematic review and meta-analysis. J. Strength Cond. Res. 31, 3508–3523. doi: 10.1519/JSC.0000000000002200
Referenz zu meiner persönlichen Anmerkung
Hoffman, J. (2012). NSCA’s Guide to Program Design. Human Kinetics.