Nachhaltige Ernährung

Nachhaltige Ernährung - Hintergründe

Nachhaltige Ernährung – Dieser Artikel fasst das Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)1 zur nachhaltigeren Ernährung zusammen. Es dient für diesen Artikel also als einzige Quelle. Das Positionspapier bietet eine fundierte und umfassende Übersicht über die Prinzipien und Ziele einer nachhaltigen Ernährungsweise.

Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Konzept, das sich darauf konzentriert, die Bedürfnisse der heutigen Generation zu erfüllen, ohne die Fähigkeit zukünftiger Generationen zu beeinträchtigen, ihre eigenen Bedürfnisse zu erfüllen. Es wurde erstmals im Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung definiert und hat seitdem an Bedeutung gewonnen. Ein wichtiger Aspekt dieser nachhaltigen Entwicklung ist die nachhaltige Ernährung. Sie zielt darauf ab, eine Ernährungsweise zu fördern, die umweltfreundlich ist, zur Ernährungssicherheit beiträgt und gleichzeitig die biologische Vielfalt und die Ökosysteme schützt. Sie sollte auch kulturell akzeptabel, zugänglich, wirtschaftlich fair und erschwinglich, ernährungsphysiologisch angemessen, sicher und gesund sein. In Europa ist die nachhaltige Lebensmittelproduktion und Ernährung Teil des “Green Deal”, der darauf abzielt, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Im Jahr 2020 hat eine wissenschaftliche Gruppe (Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz), die dem deutschen Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft untersteht, vier Hauptziele für eine verbesserte Ernährungsweise definiert: Gesundheit, Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und Tierschutz. Diese Ziele spiegeln den aktuellen Stand des Wissens wider und weisen den Weg zu einer Ernährungsweise, die nachhaltiger ist.

Nachhaltige Ernährung
Bild von yilmazfatih auf Pixabay

Zielsetzung für eine nachhaltige Ernährung

Gesundheit ist ein wichtiger Aspekt einer nachhaltigen Ernährung, da unsere Ernährung direkt unsere Gesundheit, Lebensqualität und unser Wohlbefinden beeinflusst. Aber Essen und Trinken haben auch eine größere Bedeutung. Das Gutachten der oben erwähnten Gruppe berücksichtigt neben gesundheitsbezogenen Bedürfnissen auch grundlegende Bedürfnisse nach soziokultureller Teilhabe und Selbstbestimmung. Eine Ernährung wird als nachhaltiger bewertet, wenn sie die Grundbedürfnisse der heutigen Individuen in Bezug auf Ernährung erfüllt und dies auf eine Weise tut, die die Möglichkeit heutiger und zukünftiger Menschen, ihre Grundbedürfnisse zu erfüllen, weniger gefährdet als aktuelle Ernährungsweisen. Entlang der vier Ziele einer nachhaltigeren Ernährung beschreibt und analysiert das Gutachten der oben genannten Arbeitsgruppe systematisch und umfassend die Situation und Probleme in den Bereichen Gesundheit, Umwelt, Soziales und Tierwohl. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf Deutschland, aber auch auf der internationalen Ebene. Diese Analyse identifiziert zahlreiche konzeptionelle und methodische Herausforderungen der Nachhaltigkeitsbewertung, macht den erheblichen Handlungsbedarf in allen vier Bereichen deutlich und schlägt geeignete Maßnahmen vor, um diesen Bedarf zu decken. Gemäß dem Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und ihrer Expertise, stand und steht die Dimension Gesundheit bei ihren Aktivitäten im Vordergrund. Um eine nachhaltigere Ernährung umfassender zu realisieren, werden künftig auch explizit die Zieldimensionen Umwelt, Soziales und Tierwohl in den Aktivitäten der DGE berücksichtigt.

Ziel: Gesundheit

Eine ausgewogene Ernährung, die auf den Empfehlungen der DGE basiert, gewährleistet, dass der Bedarf an lebenswichtigen Nährstoffen gedeckt wird. Die DGE erstellt Richtlinien für die Aufnahme von Energie und den energieliefernden Nährstoffen wie Fette, Kohlenhydrate und Proteine sowie für die Zufuhr von Mikronährstoffen, Ballaststoffen und Wasser. Diese Aspekte werden in die lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen integriert. Darüber hinaus berücksichtigen die Ernährungsempfehlungen die wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Einfluss von Lebensmitteln und Nährstoffen auf die Entstehung von ernährungsbedingten Krankheiten. Eine Lebensmittelauswahl, die den Empfehlungen der DGE entspricht, verhindert sowohl Unter- als auch Überversorgung und trägt zur Vorbeugung von ernährungsbedingten Krankheiten bei. Gemäß den 10 Regeln der DGE ist die ausgewogene Ernährung vielfältig und betont den Verzehr von pflanzlichen Lebensmitteln. Das Konzept der planetaren Gesundheit (“Planetary Health”) ist noch umfassender, indem es die Zusammenhänge zwischen der menschlichen Gesundheit und den wirtschaftlichen, sozialen und natürlichen Systemen unseres Planeten in den Vordergrund rückt. Dieses Konzept verknüpft die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt eng miteinander.

Ziel: Umwelt/Klima

Die Ernährung trägt weltweit zu 25-30% der Treibhausgasemissionen bei. Bei der Herstellung von Lebensmitteln entstehen Treibhausgase wie Kohlendioxid, Methan oder Lachgas, z.B. durch den Einsatz von Traktoren oder Erntemaschinen, Dünger für die Felder, beheizte Gewächshäuser und Intensivtierhaltung, die Verarbeitung von Lebensmitteln, durch Kühlung oder Tiefkühlung von Lebensmitteln, deren Transport und schließlich die Zubereitung von Speisen. Wenn Lebensmittelabfälle anfallen, entstehen neben der Verschwendung der Ressourcen der Lebensmittelproduktion auch bei der Entsorgung Treibhausgase. Neben der Emission von Treibhausgasen hat die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft noch viele weitere Auswirkungen auf die Umwelt und beeinflusst als offenes System Boden, Wasser, Tiere und Pflanzen.

Die Produktion tierischer Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Milch und Milchprodukte (insbesondere von Wiederkäuern wie Rind, Schaf und Ziege) verursacht besonders hohe Treibhausgasemissionen. Im Gegensatz dazu ist der Anteil pflanzlicher Produkte wie Getreide, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst an den Treibhausgasemissionen meist deutlich geringer. Generell gibt es auch hier innerhalb einer Lebensmittelgruppe Unterschiede. So verursacht z.B. Gemüse, das in einem mit fossiler Energie beheizten Gewächshaus angebaut wird, um den Faktor 5-20 höhere Treibhausgasemissionen als saisonales Gemüse, das in unbeheizten Gewächshäusern oder im Freiland angebaut wird. Insgesamt gesehen hat die Wahl zwischen verschiedenen Lebensmittelgruppen derzeit den größten Einfluss auf die Umwelt, da die Unterschiede zwischen Lebensmittelgruppen in der Regel deutlich höher sind als die Unterschiede innerhalb einer Lebensmittel- oder Produktgruppe. So verursacht z.B. 1 kg Rindfleisch im Durchschnitt rund 12 kg CO2-Äquivalente – die gleiche Menge Linsen dagegen unter 1 kg.

Daher reicht es nicht aus, Ernährungsempfehlungen nur an Aspekten der Gesundheitsförderung auszurichten. Vielmehr ist es unerlässlich, die Ernährungsweise so zu gestalten, dass nicht unnötig Ressourcen verbraucht werden. Eine Ernährung mit überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln kann einen großen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. Viele Lebensmittelgruppen sind gleichzeitig gesundheitsfördernd (z.B. Gemüse, Obst, Vollkorngetreide). Es gibt jedoch auch Lebensmittelgruppen, die zwar gesundheitsfördernd sind, jedoch einen höheren Ressourceneinsatz erfordern und klimaintensiver sind (z.B. Milch/-produkte, Fisch). Hier gilt es, Umwelt und Gesundheit gegeneinander abzuwägen und einen Kompromiss zu finden, der beide Dimensionen berücksichtigt.

Ziel: Soziales

Die soziale Dimension der Ernährung ist ein wichtiger Aspekt der Nachhaltigkeit, aber sie ist oft schwer zu messen und zu bewerten. Dies beinhaltet, wie Lebensmittel entlang der Produktionskette erzeugt werden und ob dabei soziale Mindeststandards eingehalten werden. Ein Beispiel dafür ist die Arbeit von Erntehelfern in der Landwirtschaft, die oft unter schwierigen Bedingungen arbeiten und nicht immer fair entlohnt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt einer gesundheitsfördernden und nachhaltigeren Ernährung ist der Zugang zu gesunden Lebensmitteln für alle Menschen, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen und sozialen Situation.

Ziel: Tierwohl

Ein wichtiger Aspekt einer nachhaltigeren Ernährung ist die Verbesserung des Wohlbefindens von Nutztieren. Dies beinhaltet die körperliche und psychische Gesundheit der Tiere. Experten haben Leitlinien für eine zukunftsfähige Tierhaltung entwickelt, die mehr Tierwohl unterstützt. Eine Ernährung, die den Empfehlungen der DGE entspricht, würde einen geringeren Konsum von tierischen Produkten bedeuten und damit einen wichtigen Schritt in Richtung nachhaltigere Ernährung bedeuten. Dies sollte auch mit einem höheren Tierwohl einhergehen.

Wie werden die Ziele in den DGE-Leitlinien berücksichtigt?

Die DGE gibt Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung auf verschiedenen Ebenen, von der Ernährungsweise bis hin zum einzelnen Lebensmittel. Diese Empfehlungen spielen eine zentrale Rolle bei der Umstellung auf nachhaltigere Ernährungssysteme. Sie berücksichtigen die vier Zieldimensionen einer nachhaltigeren Ernährung – Gesundheit, Umwelt, Soziales und Tierwohl.

Die “Planetary Health Diet” der EAT-Lancet-Kommission ist derzeit die internationale Referenz für eine nachhaltigere Ernährung. Sie gibt einen Rahmen vor, um die zukünftige Weltbevölkerung von 10 Milliarden Menschen im Jahr 2050 innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen der Erde mit einer gesundheitsfördernden Ernährung zu versorgen. Diese Diät hat viele Gemeinsamkeiten mit den Ernährungsempfehlungen der DGE für eine ausgewogene Ernährung. Die DGE überarbeitet derzeit ihre lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen unter Berücksichtigung von Ernährungs-, Gesundheits- und Umweltaspekten. Sie legt dabei den Schwerpunkt auf die Reduzierung des Verzehrs von Lebensmittelgruppen, die mit der Entstehung von ernährungsbedingten Krankheiten verbunden sind, und auf die Minimierung von schädlichen Umwelt- und Klimaeffekten.

Vergleich von Empfehlungen und tatsächlichem Konsum

Planetary Health Diet, EAT-Lancet-Kommission

LebensmittelgruppeMenge (g/Tag) (bei einer Energiezufuhr von 2500 kcal/Tag)
Gemüse

300 (200–600)

Hülsenfrüchte100 (100–225)
Obst200 (100–300)
Nüsse25
Vollmilch oder daraus hergestellte Produkte in Milchäquivalenten (g MÄq)250 (0–500)
Rind-, Lamm- oder Schweinefleisch14 (0–28)
Geflügel29 (0–58)

Vollwertige Ernährung nach DGE

LebensmittelgruppeOrientierungswert (g/Tag) (bei einer Energiezufuhr von 1600–2400 kcal/Tag)
Gemüse und Salat inkl. Hülsenfrüchte≥ 400
Obst inkl. Nüsse≥ 250
Milch und Milchprodukte in MÄq596–728*
Fleisch, Wurst43/86**

 

Tatsächlicher Konsum gemäß Nationaler Verzehrsstudie II

LebensmittelgruppeMittlere Verzehrmenge von Lebensmitteln (g/Tag (Energiezufuhr von 1968 kcal/d)
Gemüse inkl. Hülsenfrüchte124
Obst inkl. Nüsse166
Milch und Milchprodukte in MÄq443*

Fleisch, Fleischerzeugnisse und

Wurstwaren

120

*Für die Berechnung von Milchäquivalenten (MÄq) wurde das Verhältnis von Milch zu Milchprodukten der NVS II zugrunde gelegt (55 % zu 45 %) sowie folgende Umrechnungsfaktoren von Milchprodukten zu MÄq: Milch, Milchmischgetränke: 1,0; Jogurt/Milchmischerzeugnisse: 1,4; Käse und Quark mit durchschnittlicher Trockenmasse: 7,2

**b Für Menschen, die Fleisch essen, beträgt der Orientierungswert für Fleisch und Wurst insgesamt 300 g pro Woche für Erwachsene mit niedrigem Energiebedarf und bis zu 600 g pro Woche für Erwachsene mit hohem Energiebedarf

Referenzen zum Artikel "Nachhaltige Ernährung"

1 Renner, B., Arens-Azevêdo, U., Watzl, B., Richter, M., Virmani, K., & Linseisen, J. (2021). DGE-Positionspapier zur nachhaltigeren Ernährung.

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1 Kommentar zu „Nachhaltige Ernährung“

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